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China Teil 5 (26.11.2009 - 08.12.2009)

veröffentlicht um 11.12.2009, 11:34 von Tobias Pieper   [ aktualisiert: 10.02.2012, 11:33 ]
Provinz Guangxi:
Wir haben die Tage in Hong Kong noch genossen. Sind wir auf dem Weg nach Hong Kong mit einem Schlafbus gefahren, haben wir uns fuer den Rueckweg den Schlafzug ausgesucht. Der Standard entsprach hier doch europaeischen. Es ist einfach genial, ueber nacht zu reisen. So spart man nicht nur eine Hotelnacht, sondern auch Zeit. Man hat dann den ganzen Tag noch vor sich. Wir waren froh, wieder mit uneren Raedern vereint zu sein. Als wor dann nach knapp zwei Wichen wieder auf unseren Drahteseln sassen, fuehlte es sich so richtig gut an. Ja, wir gehoeren auf die Raeder und nicht mit Rucksack in ueberfuellte U-Bahnen, Busse und Zuege. Es ist so ein Freiheitsgefuehl, wenn man nicht auf die oeffentlichen Verkehrsmittel angewiesen ist. Das Warten auf den Bus ist einfach nur nervig. Wir haben das Gefuehl, die Zeit zu vergeuden und die Fahrt ans Ziel ist dann nur ein ankommen wollen. Ich bekomme regelmaessig die Schlafkrankheit in Bussen. Ich werde sofort muede und penne ein. Also mit der Landschaft aus dem Fesnter geniessen ist da bei mir nicht viel. Wenn wir aber auf den Raedern sitzen, dann haben wir permanent das Gefiehl zu reisen. Permanent nimmt man die Umgebung in sich auf, sieht viele Dinge, hat genuegend Zeit, darueber nach zu denken, es wirken zu lassen. Man will zum gewissen Grad natuerlich auch ankommen, aber unterm Strich zaehlt hier das Unterwegssein.
 
Wir haben uns bei Guilin die beruehmten Dragon's Backbone Rice-Terraces angesehen. Eine schwer in Worte zu fassende Kulturlandschaft voller Reisterrassen. Es war ein netter Ausflug, und die Terrassen sind auch wirklich beeindruckend, aber wie es immer so ist, wenn Regionen touristisch vermarktet werden: Sie wirken kuenstlich, auch wenn in dem Fall die Terrassen schon noch traditionell bestellt werden. Aber das ganze Dorf ist voll mit Souvenirstanden, Frauen rennen foermlich hinter einem her, um ihre Sachen anzubieten. Teilweise ist es bedraengend und eben zuletzt so nervig, dass man schon aus Prinzip nichts kaufen will. Aber man darf auch nicht vergessen, dass durch den Tourismus die Terrassen noch so erhalten sind. Denn wenn die Menschen nicht zusaetzlich durch den Tourismus mit den Terrassen Geld verdienen wuerden, gaebe sie es vielleicht nicht mehr in der Ausdehnung. Denoch: Es bleibt schwierig, denn wir fuehlen uns meist unwohl in solchen Ecken. Uns haben die Reisterrassen, die letzlich ueber den ganzen Sueden Chinas verbreitet sind, schon auf unserem Weg stark beindruckt und sind durch eine Gegend gekommen, die ebenso ausgedehnt und uberwaeltigned war, wie die vermarkteten Dragon's Backbone. Wir koennen fuer uns sagen, dass wir die unberuehten, die fuer uns interessanten Ecken dort finden, wovon nichts im Reisefuehrer beschrieben steht. Denn werden Gegenden hoch gelobt, Straende als einsame Straende erklaert und Strassen als Traumstrassen beschrieben, so halten die Gegenden ihr versprechen nicht mehr, sind Straende nicht mehr einsam und Traumstrassen keine Traumstrassen mehr.
Dennoch geben wir zu, dass eine gewisse touristische Infrastruktur sehr erholsam sein kann!!
 
Die letzten ca. 700 km in China waren doch noch recht abwechslungsreich. Wir fuhren durch eine Berglandschaft der voellig unbekannten Art. Die Berge standen wie grosse und kleine Zuckerhuete, mal mehr mal weniger spitz zulaufend wild durcheinander in einer sonst flachen Landschaft. Eine Naturerscheinung, die fuer uns bis jetzt noch ein Raetsel ist. Manchmal liessen sich Bergketten ausmachen, aber oft standen sie auch als Solitaerberge. Einfach verreuckt. So plaetzlich wie sie auftraten, wareen sie auch wieder verschwunden und unsere Augen konnten nur noch Felder voller Zuckerrohr sehen. Zuckerrohr bis zum Horizont. Und ueberall sah man Kinder und Erwachsene mit Zuckerrohrstangen in der Hand und den Saft aus dem Mark herauskauen. Es wirkte so, als sei es fuer viel das taegliche Fruehstueck.
Die endlosen Felder werden hier noch mit der Hand geerntet, wie auch alles andere. Es gibt so gut wie keine Maschinen. Wer es sich leisten kann, hat gerade noch einen Wasserbueffel fuer die Feldarbeit oder um den Karren zu ziehen. Wenn nicht, ist man selbst das Zugtier. Es schien, als seien auf den Feldern die Bewohner des ganzen Dorfes versammelt, um mit der Machete die Stangen abzuschlagen. Diese Bilder kannten wir schon von der Maisernte, wo dann mit der Hand noch jeder Kolben abgebrochen und geschaelt wurde, um ihn zu trocknen. Es ist einfach unbegreiflich, wie viel und hart die Menschen arbeiten, aber auch, zu was der Mensch faehig ist. Wir kennen es so ja gar nicht mehr. Hoechstens aus den Erzaehlungen der Grosseltern, wie sie mit der Hacke auf dem fald standen. Wir sind die Generation der Maschinen. Fuer alles gibt es ein Geraet, was die Arbeit erleichtert. Das wohl angenehmste Geraet im Haushalt ist die Erfindung der Waschmaschine. Wie viele Frauen sehen wir am Fluss sitzen, um die Waesche zu waschen. Meist nicht mal mit einem Waschbrett, sondern nur mit einem Stock, um das Wasser herauszuschlagen.
 
Die letzte Nacht vor der Grenze verbrachten wir auch wieder im Zelt. Wir hatten den Pazifik erreicht und konnten es kaum glauben, dass wir am Wasser ein Plaeztchen fanden. Dort gab es ein Mangroven-Schutzgebiet. Ich habe vorher noch nie Mangoven gesehen. Baeume, die im Wasser wachsen und bei Flut ist nur noch das Blaetterdach zu sehen. Es sah toll aus. 
Unser Zeltplatz war vom Weg unseinsichtig, was bei dem Wildcampieren fuer uns immer eine Bedingung ist. Es war bereits dunkel und wir am einschlafen, als wir Motorraeder vorbeifahren hoerten. Jedes Motorrad sendete seinen Lichtkegel durch die Vegetation auf unser Zelt. Wir waren sofort hellwach und das Herz schlug uns bis zum Hals, denn irgendwie glaubten wir, das jeden Moment ein Motorrad auf den Pfad zu uns abbiegt, um uns zu ueberfallen. Die Motorradkolonne wollte nicht enden. Die Angst wollte nicht weichen. Auch wenn wir wussten, dass sie uns nicht sehen koennen, spielte die Fantasie verrueckt. Noch dazu waren wir in grenznaehe, was ein zusaetzliches Unbehagen hervorrief, denn Grenzen sind immer etwas dubios. Irgendwann war es dann vorbei und wir konnten scchlafen, aber es gab schon mal entspanntere Naechte.    
 
Am Morgen machten wir uns auf, China zu verlassen. Wir waren voller Vorfreude und Motivation auf ein neues Land. Und so unkompliziert wie dieser Genzuebergang, war neben Europa wohl noch keiner. Aber dazu gibt es mehr im naechsten Teil.
 
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