Und wieder haben wir es geschafft, eine neue Grenze zu ueberqueren und in ein neues Land einzureisen. Diesmal war alles wieder viel unkomplizierter und schneller. Die Kirgisen waren super relaxt und die Grenzstation bestand aus einem Zollhaeuschen, einem Passkontrollhaeuschen und einem Schlagbaum, den man bei uns in der Waeldern zur Abriegelung der Forstwege vorfindet. Jedoch war der Weg bis zur Grenze etwas abenteuerlich. Auf dem Weg von Tashkent zur Grenze mussten wir einen Pass von 2267 m ueberfahren. Es war verdammt anstrengend. Das bloede war, dass wir den Fuss des Passes erst um 16.00 Uhr erreichten. Bis wir dann oben waren, war es bereits 19.00 Uhr. Dunkel wird es um 20.00 Uhr. Oben wurden wir natuerlich wieder von neugirigen Soldaten nach dem Pass gefragt und ausgequetscht, soweit es sprachlich moeglich ist. Der Pass wird von der Armee bewacht, denn er ist nahe dem Ferganatal, in dem es auch immer wieder zu Unruhen kommt. Wir mussten aber zusehen, dass wir moeglichst weit runterkommen, um auf Haeuser zu treffen, wo wir ein sicheres Plaetzchen finden. Denn wild zelten ging in der Gegend ueberhaupt nicht. Dafuer war zu viel Militaer am Start. Und wieder klappte es super. Wir fanden bei den ersten Haeusern, die recht schnell kamen, einen Zeltplatz. Wir bekamen sogar Tee, Aprikosen und eine Schale Suppe. Gerade rechtzeitig vor dem Dunkelwerden stand das Zelt.
Am 4. Tag waren wir an der Grenze. Wir waren froh, sie zu erreichen, doch dann kam gleich ein Grenzer zu uns und machte uns deutlich, dass die Grenze hier nicht passierbar sei. Wir waren sofort nervoes, denn wir dachten, wir muessten nun zur Hauptgrenze, die mehrere Tage entfernt lag. Jedoch konnten wir uns schnell beruhigen, denn wir waren einfach nur an der falschen Stelle. Der Grenzuebergang lag wenige Kilometer suedlich. Ein Militaertruck mit Soldaten schien nichts zu tun zu haben und zeigte uns den Weg. Es gab naemlich keine Schilder. Sie wollten unsere Raeder und uns eigentlich aufladen, aber das wollten wir natuerlich nicht. Wir haben bisher jeden Meter selber mit der eigenen Kraft geschafft. Selbst die Wueste! Und deshalb koennen wir solch ein Abgebot nicht annehmen. Das geht einfach nicht. Vielleicht kann der ein oder andere da nur mit dem Kopf schuetteln, aber fuer uns wuerde dann etwas kaputt gehen. Jedenfalls sind wir doch noch zur richtigen Grenze gekommen. In Kirgistan haben wir im ersten Dorf auf dem Markt gleich erst mal ein paar Dollar getauscht, denn die naechste Bank war erst in 2 Tagen zu erreichen. Auf dem Markt wurden wir wieder neugierig bestaunt und bekamen 2 Melonen geschenkt. Hier gibt es Melonen in rauhen Mengen. Wir essen eigentlich taeglich Melonen. Es gibt so viele verschiedene Sorten, das ist unglaublich. Und alle sind super lecker. Da waeren wir auch schon beim Thema Essen, wovon ich schon so lange mal berichten wollte. Eigentlich ist es zum Heulen. Seit dem wir Europa verlassen hatten, gab es keine Haferflocken mehr. Unser gutes, kraftvolles, gesundes Fruehstueck musste ersetzt werden. Meistens gab es Brot. Davon gibt es seit Tschechien nur noch Weissbrot in verschiedenen Variationen bzw. Formen. Viel zu variieren gibt es da ja nicht. Aber man kann sagen, dass es schmeckt. Eigentlich war das Brot ueberall ganz gut. Im Aserbaidschan haben wir dann keine Lust mehr auf Kochen gehabt. Es war zu schwuel, zu heiss, um am Abend zu kochen und warmes Essen zu essen. Zudem haben wir meist erst gegessen und dann einen Zeltplatz gesucht, um das Zelt aufzubauen, wenn die Sonne untergegangen ist. Also, gab es teilweise 3 x am Tag Brot. Mal mit Wurst, selten mit Kaese und oft mit Nutella, denn das ist das einzige, was man gut aufbewaren kann. Kaese oder Wurst muessen wir halt sofort komplett aufessen, sonst verdirbt es. Und da bekommt man meist nie die passende Menge. Im Iran haben wir uns oft Salat dazugeschnitten. Aber die Auswahl ist echt nicht toll gewesen und ist auch nicht besser geworden. Es gibt Gurken, Tomaten, hellgruene kleine Paprika, Zwiebeln und Knoblauch, zum Kochen findet man Auberginen, Kartoffeln und ganz selten mal Moehren. Dann ist das Sortiment auch schon am Ende. Am Ende vom Iran haben wir wieder angefangen zu kochen, weil wir die Brotdiaet echt satt hatten. Wir fanden Nudeln und Tomatenmark. Wir freuten uns riesig auf einen Topf voll mit Nudeln. Im Osten vom Iran war das Klima ja auch sehr viel angenehmer, dass wir wieder Lust auf Gekochtes hatten. Die Vorfreude war gross. Aber wie schrecklich war der Kochverlauf. Kaum hatte ich die Nudeln ins kochende Wasser gegeben, fingen sie an, sich aufzuloesen. Das Kochwaser wurde weiss, und alles bekam eine Art breiige Konsistenz. Wenn ich aber eine Nudel probierte, war sie aussen schmierig und innen hart. Ich war voelllig frustriert und habe den Topfinhalt schon im Graben und uns hungern sehen. Natuerlich brannte dieser Brei dann auch an, weil alles Wasser zu Brei geworden war. Voller Frust stellte ich den Kocher aus und feuerte erst mal den Loeffel und den Deckel in die Ecke. Tobias hat mich wohl so wuetend selten gesehen. Am Ende mussten wir lachen und ich gab dem Topf mit dem fast undefinierbaren Inhalt noch eine Chance. Ich liess es stehen, in der Hoffnung, dass die Nudeln die breiige Fluessigkeit aufsaugen und noch gar werden. Und dem war dann auch so. Wir mussten nicht hungern, sondern bekamen eine Art Nudeln, die zumindest so schmeckten, wenn auch nicht so aussahen. Seit dem gibt es nur noch Reis und Kartoffeln oder Linsen, was man so findet. Die Qualitaet der Lebensmittel ist echt nicht gut. Es ist oft sehr frustrierend, wenn man in den Minilaeden steht und will Essen kaufen. Man bekommt Kekse im Ueberfluss, Bonbons, und anderen Suesskram, Zigaretten, Limonaden, natuerlich Cola und Fanta (das Original), Weissbrot und manchmal Butter oder Wurst oder Schokocreme. In Saecken findet man auch mal Reis und Kartoffeln. Es ist eben so, dass man alles auf den Basaaren bekommt, aber da kommen wir nicht immer hin und die Qualitaet ist auch da schlecht. Oft liegt dort verdorbenes Gemuese und Obst neben guten Sachen. Es haengen halbe Tiere an Haken, die umschwirrt werden von Fliegen und Bienen. Es ist nicht ansehnlich. Man hat gar keinen Hunger mehr. Reis, Nudeln, Nuesse, getrocknete Fruechte stehen in riesigen Saecken offen um her. Von Hygiene kann man da nicht sprechen. Da kann man nur Durchfall kriegen und wir vermuten ganz stark, dass auch die Einheimischen damit zu kaempfen haben, aber letzlich damit einfach leben. Das ist halt so. Auf einem Basaar fanden wir wieder Haferflocken. Wir waren so gluecklich und nahmen 2 Kilo Vorrat mit, mischten sie mit Rosinen, Walnuesen und Cornflakes. Wir freuten uns voller Schmacht auf das Fruehstueck. Doch es war enttaeuschend. Es schmeckte bitter. Wir fanden dann heraus, dass es die Haferflocken waren. Vermutlich haben die Flocken einen Geschmack angenommen, von den Dingen, die drum herum in den Saecken standen. Darunter sah ein Sack aus wie Pferdefutter. Es ist echt uebel. Die Kroenung erleben wir nun in Kirgistan. In den Laeden haben wir bisher nur abgelaufenes Wasser bekommen koennen. Auch alle Limonaden sind abgelaufen. Es ist einfach unglaublich. In solchen Momenten will man nur nach Hause und wieder in einem deutschen Supermarkt einkaufen, wo man von der Fuelle der Auswahl fast erschlagen wird. Was neben dem Lebensmitteldesaster noch nervtoetend ist, ist das Internet. Wir schwitzen hier zunehmend Blut und Wasser. Die Verbindungen werden immer langsamer. Nun brauchen wir eine halbe Stunde, um fuenf Fotos hochzuladen. Die Huerde vorweg ist dabei noch, ob der Rechner ueberhaupt die Kamere und die externe Festplatte erkennt, um die Bilder ueberhaupt auf den Rechner zu bekommen. Dann ist immer die Frage, gibt es Programme, um die Bilder zu komprimieren? Dann war das letzte Mal Goole Maps geblockt und vorhin im ersten Internetcafe konnte ich das Tagebuch nicht oeffenen. Hier funktioniert es nun, aber das Laden der Seite dauert ewig. Um einen herum sitzen lauter Kinder und Jugendliche, die irgendwelche Kriegsspiele spielen oder solche, wo man sinnlos andere Menschen verbruegelt. Es ist schrecklich mit anzusehen, womit Kinder ihrer Zeit verbringen. In den Staedten sitzen sie vor den PCs, in den Doerfern sieht man sie in den Laeden arbeiten oder an der Strasse Brot verkaufen. Aber vielleicht und hoffentlich liegt es daran, dass zur Zeit Ferien sind und die Kinder nicht zur Schule muessen. Am dritten Tag, nachdem wir die Grenze ueberquert hatten, haben wir nun Osh erreicht. Hier machen wir wieder 2 Tage Pause. Der Weg hierher war durchzogen von vielen Steigungen. Kirgistan ist wieder ein Land voller Berge. Wir sind nun im letzten Land vor China. Es ist wahnsinn, wir grenzen nun wirklich schon an China an. Uns trennt nur noch das Pamirgebirge. Hier warten 3 echt hohe Paesse auf uns. Der erste ist 2408 m, der zweite 3615 m und der dritte 3450 m hoch. Ich hoffe, wir werden gutes Wetter haben, damit wir mit einer guten Aussicht fuer diese Anstrengungen entlohnt werden. Tobias Felge ist bisher unveraendert. Das heisst, sie ist recht stabil. Die Risse gehen nicht weiter. Das ist auch gut so, denn wir mussen es bis Kashgar in China schaffen. Hier in Osh ist wie in Tashkent kein Ersatz zu kriegen. Man bekommt in keinem Bereich hochwertige Qualitaetsprodukte. In Kirgistan fahren entweder kleine Autos von Daewoo (produziert in Usbekistan) oder dicke Mercedes und Audis herum. Und alle sind stolz auf ihr Auto aus Deutschland, was sie persoenlich abgeholt und von Deutschland nach Kirgistan gefahren haben. Sie sind happy, weil es ohne Probleme laeuft, denn es ist eben einfach gute Qualitaet. Wir sind nicht sehr stolz auf Autos, aber wir sind wirklich auch stolz auf die Qualitaet, die in Deutschland oder auch in Europa produziert wird. Soetwas lernt man doch auf solch einer Reise sehr zu schaetzen. In Osh erwarteten wir ein Paket aus Deutschland mit neuem Wasserfilter, Moskitonetz usw. Es wollte einfach nicht ankommen. Wir gingen immer zur Post mit voller Erwartung, dass es dort auf uns wartet, aber immer kam nur ein Kopfschuetteln als Antwort. Die Dame hinter dem Thresen schien uns etwas suspekt. Beim ersten Mal fragte sie nach unserem Namen und sagte sofort, es sei kein Paket da, ohne auch nur einmal nachzuschauen. Wir hatten kein gutes Gefuehl. Aber was sollten wir machen. Das Warten in Osh wurde sehr unbefriedigend, und wir entschieden uns die Zeit lieber schoener zu verbringen. Also setzten wir die Reise mit den Raedern fort, um dann in einem Bergdorf zu warten, wo wir dann eventuell eine Pferdetour machen koennten. Fuer das Paket organisierten wir uns folgendes: Wir baten eine Art Reisebuero, das Paket fuer uns abzuholen und mit der naechsten Gelegenheit in das Bergdorf zu schicken. Sie haben dort ein Guesthouse und organisieren Touren zum Basecamp von Pik Lenin (7134m). Alles schien geritzt. Bevor wir jedoch die Vollmacht bei der Post abgaben, hofften wir natuerlich am letzten morgen, es doch noch zu bekommen. Das ganze verlief dann so:
Der Kalender stand noch auf dem vorherigen Tag. Tobias fragt die Dame: "You got something for us?" / "Yes!" / "Really?" / "Oh, for you? No!". Naja, aber irgendwie haben wir nichts anderes erwartet. Tobias gab ihr also die Vollmacht, woraufhin sie fragte, ob wir Lilya, der Dame des Reisebueros vertrauen. Und dies taten wir. Die Dame der Post sollte nun bitte Lilya anrufen, wenn das Paket da ist. So weit so gut. Dann hatten wir noch einen Stapel Postkarten. Am Vortag hatte sie keine Briefmarken da, aber fuer den naechsten Tag waere es kein Problem. Wir sollten fuer 2 Marken Platz lassen. Nun sollten die Karten frankiert werden. Tobias fragte nach den Marken. Die Antwort der Dame: "Do you believe me?" Was wollte sie denn nun? Sie wollte also wissen, ob wir ihr vertrauen, sie wuerde die Marken spaeter drauf kleben. Nein, Tobias bestand darauf, sie jetzt aufzukleben. Genervt ging sie langsam in ein Nebenzimmer und kommt mit einer Marke pro Karte wieder. Sie will dafuer 288 Sum haben. Tobias zahlt mit 300 und bekommt aber nur 10 zurueck. Die Begruendung, sie haette keine 2 Sum. Tobias fragt, ob der Mann nebenan nicht wechseln koennte. Sie: "No!" Tobias: "Could you please ask him?" Daraufhin geht sie in den Nebenraum und kommt mit 10x 1 Sum wieder. Nun stellt Tobias fest, dass er aber nur den halben Wert an Briefmarken erhalten hat. Sie wollte es spaeter ergaenzen. Aber Tobias bestand darauf, dass alle Marken jetzt aufgeklebt werden. Dann wollte sie Tobias weiss machen, dass die Postkarten komplett in einem Umschlag verschickt werden muessten. Aber warum hat Tobias dann die erste Briefmarke auf die Karte geklebt? Als naechstes meinte sie, die Karten muessten einzeln in Umschlaege und sie wuerde die Adressen fuer 12 Karten uebertragen. Wie absurd ist das denn? Letztendlich holte sie genervt den 2. Teil der Marken und drohte, dass die Karten zurueckkommen wuerden. Dann ging es zum Abstempeln. Sie wollte es spaeter tun. Nein! Sie sollten jetzt abgestempelt werden und "Wums" ging es los. Sie stempelte aber nur jeweils eine Marke ab. Tobias nahm ihr die Karten weg und verlangte einen Stempel auf jeder Marke. Am Ende guckte Tobias noch mal alle Karten durch und fand natuerlich noch ungestempelte Karten. Er warf sie ihr hin. Tobias war nun echt sauer, sie auch! Und das war dann die Vertrauensbasis fuer die Sache mit dem Paket. Wir hatten nun Angst, dass die Karten in den Muell wandern und sie das Paket abzieht. Wir fuhren mit keinem guten Gefuehl aus Osh weg, aber hofften, dass alles gut wuerde.
In Sary Tash, dem Bergdorf hatten wir ein paar nette Tage. Wir trafen auf andere Radler und Backpacker und machten letztlich einen Ausflug in ein Jurten-Camp, von wo aus wir mit Pferden bis zum Basislager des Pik Lenin ritten. Dies war eine sehr willkommene Abwechslung zum Radfahren und wir genossen eine wunderschoene Berglandschaft. Um uns herum waren die Berge alle mit Schnee bedeckt. In den Naechten gab es dann bereits Mitte August leichten Frost. Immerhin waren wir auch auf 3000 m Hoehe. Als wir den Pass von 3600 ueberquerten hatten wir ganz schoen zu kaempfen. Wir bekamen nicht so gut Luft. Schnell waren wir aus der Puste und es dauerte lange, bis wir uns erholten. Anstrengung in solchen Hoehen sind wir eben nicht gewohnt.
Taeglich warteten wir nun auf Nachricht von Lilya, ob das Paket angekommen ist. Unser Visum naeherte sich nun auch langsam dem Ende und wir mussten uns ein Zeitlimit setzen, wann wir einfach ohne das Paket weiter fahren muessen. Das warten wurde echt hart und wir hatten das Gefuehl, es sei besser selbst noch mal persoenlich auf der Post zu erscheinen. Wir mussten irgendetwas tun. Also liesen wir die Raeder im Guesthouse und fuhren mit dem Bus zurueck nach Osh. Wir erfuhren, dass an dem Tag als wir fuhren, nachmittags eine Ladung Pakete aus Europa kommen wuerde. Wir hatten grosse Hoffnungen. Und dann war es auch so. Unser Paket war mit dabei. Es hat mehr als einen Monat gedauert. Aber wir waren sehr froh, dass wir es hatten. Die Postkarten sind bis heute wohl noch nicht angekommen. Wir fuhren mit dem Bus wieder nach Sary Tash. Eine Busfahrt von 7 Stunden ueber eine unasphaltierte Strasse. Also mehr ein Abenteuer, als eine angenehme Busfahrt.
Und dann konnten wir endlich unsere Reise nach China fortsetzen, in die Provinz Xinjiang, in der es keinen Internetzugang geben und keine internationalen Telefonanrufe moeglich sein sollten. Wir machten uns auf den Weg, nordlich der Taklamakan Wueste entlang zu fahren. Wie viel Wueste wuerde da noch sein? Wie weit wuerden wir mit dem einmonatigen Visum kommen? Eine weitere spannende Etappe stand bevor! |
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