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Australien Teil 5 (01.09.2010 - 23.09.2010)

veröffentlicht um 22.09.2010, 19:33 von Tobias Pieper   [ aktualisiert: 04.04.2011, 12:39 ]
Adelaide
 
Wir verliessen Coober Pedy und unsere Opalgraeber mit gefuellten Taschen voll Essen und unserem Anhaenger mit vollen Wasserkanistern. Das Ziel war nun ein Dirt-Track, die William Creek Road nach Williams Creek und weiter ueber den Oodnadatta track zur Flinders Range. Wir waren bereit fuer das naechste Abendteuer, bereit den geteerten Stuart Highway gegen eine Erdpiste einzutauschen, bereit fuer etwa 2 Wochen durch noch weniger Infrastruktur zu fahren, als es der Stuart Highway bot, um noch dichter im Outback zu sein. Es ist ein himmelweiter Unterschied, ob man auf Asphalt faehrt oder auf blankem Boden. Man ist mitten drin, man wird fast eins mit der Natur, waehrend der Teer und die gerade Strasse eine Isolation darstellt. Wir wollten die Herausforderung, die Huckelpiste mit Bodenwellen, die uns zur und durch eine beeindruckende Bergkette fuehren sollte, die Flinders Range. Der weiteste Abstand zwischen den Wasserversorgungsstellen sollte wohl 170 km betragen. Auf einer Erdpiste sind das etwa 3 Tage. 
Voller Spannung radelten wir los, der Himmel war strahlend blau, der Wind blies jedoch leider um 180 Grad in die falsche Richtung. Wir liessen uns aber den Spass so schnell nicht nehmen und kaempften tapfer gegen die streife Briese. Auf den ersten Kilometern arbeitete eine Planiermaschine, die die Strasse wieder In Ordung brachte. Es ist naemlich so, dass die Nebenstrecken bei Regen gesperrt werden, da sie sich regelrecht aufloesen. Es ist toniger Untergrund, der zu einer klebrigen Rutschbahn wird. Da sich beim letzten Regen noch Fahrzeuge auf der Srecke befanden, haben diese den Weg voellig kaputtgefahren, was nun wieder begradigt wurde. Wir schienen also genau richtig zu kommen. Oder doch nicht?
 
Der Fahrer der Planiermaschine hielt an und meinte, es sei wieder Regen fuer das Wochenende gemeldet und die Strasse weiter drin sei noch voellig kaputt. Er haette gerade erst angefangen. Hm, das waren nicht so tolle Nachrichten. Wir versuchten aber, uns die Laune nicht verderben zu lassen. Es war Donnerstag und wir hofften ja schon Freitag Abend am naechsten Roadhouse in Williams Creek zu sein. Sollte es dann regenen, koennten wir da ja abwarten. Also radelten wir guter Dinge weiter. 
Der Wind machte es uns nicht ganz einfach und wir kamen nicht so flott voran, wie gewuenscht, aber freuten uns am Abend doch sehr ueber unsere 75 km. Am Horizont sahen wir dicke Wolken aufkommen und in der Daemmerung konnten wir ein fernes Gewitter beobachten. Es gingen zahllose Blitze herunter und brachten den Horizont zum Leuchten. Hoeren konnten wir aber nichts. Ueber uns war ein klarer Sternenhimmel mit unzaehligen Sternen, die wir so gar nicht kennen. Es war faszinierend. Aber natuerlich auch etwas beaengstigend, denn wir hatten keine Ahnung, wo das Gewitter hinzog. Wuerden wir verschont bleiben? Oder wuerden wir am Morgen im Schlamm festsitzen?
 
Der Wind blies die ganze Nacht unveraendert und ruettelte am Zelt. Dennoch hatten wir eine gute Nacht.
Der Morgen sah nicht mehr so rosig aus. Noch war alles trocken, wir konnten weiterfahren, aber um uns herum waren nur Wolken ueber Wolken. Natuerlich keine Schoenwetterwolken, sondern richtige Regen- und Gewitterwolken. Wir fuhren zunaechst weiter und hatten den Wind noch immer im Gesicht. Teilweise troepfelte es und wir wussten nicht, welche Richtung die bessere war. Sollten wir weiter oder besser umkehren? Bei dem Wind wuerden wir auf keinen Fall am Abend am Roadhouse sein. Der Weg zur geteerten Strasse war dichter als die Zuflucht zum Roadhouse. Wir wollten aber doch lieber weiter. Wir wollten nicht gleich aufgeben. Ein paar Tropfen weichen den  Boden nicht gleich auf. Ausserdem wechselte der Himmel von Minute zu Minute. Es war keine Vorhersage zu machen. Wir fuehren weiter, und dann wurde der Boden feuchter. Langsam begann der Boden etwas an den Reifen zu kleben und der Widerstand wurde groesser. Ich sammelte immer mehr Boden bis ich ins Rutschen kam und mein Rad unter mir einfach wegschlitterte. Ich kam noch schnell genug aus meinen Klicks heraus, um nicht stumpf mit samt Rad umzufallen. Aber da war dann die Entscheidung gefallen. Es machte keinen Sinn weiterzufahren. Der Boden wurde feuchter und damit der Weg fuer uns unbefahrbar. Der Boden klebt am Reifen, sammelt sich an und blockiert durch das Schutzblech das Rad. Man kann nicht mehr fahren. Natuerlich kann man das Blech abmontieren, aber das hilft nicht viel, da man kein Profil mehr hat. Der Reifen rutscht ueber den Boden und macht fahren unmoeglich. Wir befreiten mein Rad und kehrten um. Da wir nun Rueckenwind hatten, hofften wir, so schnell wie moeglich rauszukommen! Bevor der Regen uns erwischt!
 
Ein Autofahrer kam uns entgegen und meinte nur, dass das feuchte Stueck nur eine Weile sei, danach wuerde es sandiger werden. Es sei eine tolle Strecke! 
Verdammt, war es doch falsch, umzukehren? Das Wetter sah nun hinter uns auch noch besser aus. Aber nein, wir hatten uns entschieden, rauszufahren.
Wir fuhren weiter, genossen den Rueckenwind, der aber von einer Minute auf die andere um 180 Grad drehen sollte. Ploetzlich fuhren wir wieder gegen den Wind, der uns auf 10 km/h bremste. Dazu fuhren wir auf eine dunkle Wand zu. Tobias war der festen Ueberzeugung, eine falsche Entscheidung getroffen zu haben. Wir haetten weiterfahren sollen. Nun fuhren wir dirket in die Regenfront, wieder mit Gegenwind und es war nicht klar, ob wir rauskommen, bevor uns der Regen erwischt. Immerhin hatten wir eine Tagesetappe vor uns.
Aus der schwarzen Wand wurde eine weisse Front. Mir war nicht bewusst, was dies bedeutete. Ich war viel zu sehr damit beschaeftigt, gegen den Wind anzukaempfen. Tobias hingegen sagte voellig bestimmt und geistesgegenwaertig, wir wuerden hier nun eine Pause machen. Legte sein Rad hin, lehnte meines dagegen, zog unsere Zeltplaner hervor, steckte sie zwischen die beiden Raeder, und kommandierte mich, mich hinter das Rad zu setzen. Kaum sassen wir mir der Plane ueber uns, prasselte der Regen schon auf uns nieder. Es war ca. 12.00 Uhr.
Wir hofften, es wuerde gleich wieder aufhoeren, natuerlich eine naive Hoffnung, schaute man sich den Himmel genauer an. Kurze Zeit spaeter kamen 2 Gelaendewagen, die noch reinfuhren. Sie wollten auch nach William Creek. Sie fragten, ob alles in Ordung sei und fuhren weiter.                   
Der Regen lies nach einer Weile etwas nach. Tobias fing an, unsere Schutzbleche abzubauen, in der Hoffnung, doch noch voran kommen zu koennen. Waehrend desssen zog ein Gewitter auf. Da wir auf einer leichten Anhoehe sassen, mussten wir schnell umziehen. Wir namen die Plane und legten uns in einen Graben, die Plane wieder ueber uns. Uns wieder schuettete es, wie aus Eimern. Das Gewitter zog Gott sei Dank mehr an uns vorbei als ueber uns her.
Alles war schlammig, ekelig, nass und uns wurde kalt, weil wir uns nicht mehr bewegten. Was sollten wir nun tun? Wir wollten versuchen, so weit es geht zurueckzukommen. Der Regen lies nach, wir schnappten die Raeder und wollten los. Bei dem Weg vom Graben zu den Raedern wuchsen wir beide um fast 10 cm groesser, soviel Boden sammelten wir unter den Schuhen. Ungeachtet dessen, nahm Tobias sein Rad und fuhr es auf den Weg. Ganze 2 Meter, dann war es auch schon vorbei. Der Boden war so aufgeweicht und klebrig, dass wir die Raeder nicht mehr vor oder zurueck bewegen konnten. Damit stand fest, was unsere Option war. Wir mussten an Ort und stelle campieren. Wir sassen fest!
 
Wir fanden ein Plaetzchen mit mehr Kies als offenem Boden und bauten unser Lager auf.
Waehrenddessen kamen die beiden Gelaendewagen zurueck. Sie konnten auch nicht weiterfahren, da der Regen zu schlimm war. Es war weniger eine Rueckfahrt fuer sie als mehr eine Rutschpartie von einer Strassenseite zur anderen. Sie gaben uns ihr Wasser und wollten der Polizei in Coober Pedy Bescheid sagen, dass wir hier draussen waren. Wir hatten ja keine Ahnung, wie lange es regnen wuerde und wie lange es dauern wuerde, bis der Boden soweit abgetrocknet war, dass wir wieder drauf fahren konnten.                  Nun hatten wir Wasser fuer drei Tage und machten es uns gemuetlich. Da hatten wir also nun unser Abendteuer! Der Regen hoerte am Nachmittag auf, aber der Wind bliess unveraendert. Wir bangten ein wenig um unser Zelt, ob es dem Stand halten wuerde. Die duenne Zelthaut war alles, was uns vor dem unangenehmen Wetter draussen schuetzte.                                                                     Endlich hatten wir Zeit, einfach herumzuliegen, zu schlafen, zu lesen und wieder zu schlafen. Diese Zwangspause, war gar nicht so uebel. Am naechsten Tag war wieder blauer Himmel, der Wind noch immer der gleiche, der aber half, den Boden zu trocknen. Vielleicht konnten wir ja schon am naechsten Tag weiterfahren?

Am Nachmittag besuchte uns die Polizei. Sie wollte wissen, ob bei uns alles in Ordung sei und ob wir Wasser und Essen hatten. Sie meinten, sie wuerden am naechsten Tag noch mal kommen, um zu wissen, wie wir weiterfahren wuerden. Wenn der Weg zu schlimm sei, um zu radeln, wuerden sie uns auch mit einem Anhaenger herausholen.  Wir waren begeistert von der Hilfsbereitschaft. Guter Dinge campierten wir noch eine Nacht. Es hatte nicht mehr geregnet und am Morgen war der Weg auch tatsaechlich wieder fuer uns befahrbar. Wir packten zusammen und schon kam die Poizei. Sie brachten uns Wasser und meinten, es solle erstmal trocken bleiben. Die Strasse wuerde am Mittag wieder geoeffnet und die Planiermaschine sei schon wieder an der Arbeit. Wir entschlossen uns also, weiterzufahren. Wir wollten es nochmal versuchen. Wir hatten nun soviel investiert und wollten diese Abenteuerstrecke nicht so einfach aufgeben. Schliesslich erklaerte uns die Polizei nicht fuer verrueckt. Also, konnte es ja nicht so schlimm sein.

Nach 20 km kamen uns wieder Gelaendewagen entgegen, die von William Creek zurueck nach Coober Pedy fuhren. Sie hielten an und fragten uns, ob wir wuessten, wo wir hineinfahren wuerden. Die Strasse sei weiter hinten noch immer eine Schlammpiste. Und ausserdem sei fuer Dienstag noch mehr Regen gemeldet. Der Oodnadatte Track zur Flinders Range sei noch immer gesperrt und mit dem angekuendigten Regen sei es nicht absehbar, wann diese wieder geoeffnet wuerde. Man wuerde also dort festsitzen.               Wir wurden also wieder unsicher, was wir tun sollten. Da wir von der Polizei aber nichts dergleichen gehoert hatten, fuhren wir zunaechst weiter und hofften auf weitere Autos, um weitere Meinungen zu hoeren. Strassenbeschreibungen und Wettervorhersagen kann jeder wieder anders interpretieren. Die naechtsen Fahrer kamen schnell, aber auch sie meinten, wir sollten besser umkehren. Puh, die Aussicht, wieder kehrt zu machen, raubte jede Kraft und Motivation. Wir konnten ploetzlich nicht mehr radeln. Wir fragten, ob sie uns mitnehmen wuerden. Und das war gar kein Problem. Unser Anhaenger kam aufs Dach, unsere Raeder auf deren Anhaenger. Unser Gepaeck in den Wohnwagen des Freundes und wir mit in den Cheap – Null Problemo! Die Australier sind einfach zu cool und unkompliziert. Kaum waren wir losgefahren, kam uns ein Auto entgegen und wir kannten die Insassen. Tanja und Dale, die Opalgraeber, waren auf der Suche nach uns. Sie wollten uns rausholen. Sie waren bereits Freitag Abend zur Polizei gegangen, um zu sagen, dass wir dort draussen unterwegs seien. Sie hatten bereits beim Roadhouse angerufen, ob wir dort angekommen waeren. Waren wir natuerlich nicht.

Ploetzlich fuehlten wir uns voellig wichtig, denn so viele Leute hatten sich um uns gekuemmert und wollten uns da rausholen. Es war der Wahnsinn! Und so kam es, dass wir Sonntag Abend wieder bei Tanja und Dale in der Erdwohnung waren. Es war ein bisschen, wie nach Hause kommen.

Das war also unser Abenteuer!

Es sollte irgendwie nicht sein. Wir ueberlegten, ob wir das schlechte Wetter abwarten sollten, um noch einen letzten Versuch zu starten, aber es war hoffnungslos. Die Vorhersagen waren zu schlecht. Wir entschlosssen uns also, weiter auf dem Stuart Highway zu fahren. Wir bekamen sogar praechtigen Rueckenwind, wenigstens etwas. In Port Augusta hatten wir es dann geschafft. Das Outback war durchquert. Die Zivilisation mit starkem Autoverkehr und einem Ort mit Einkaufsmoeglichkeit nach dem anderen hatte uns wieder. Wir brauchten keine Kilos an Essensvorraeten mehr mitfuehren, die Wasserkanister konnten in den Muell und der Anhaenger verkauft werden. Das gelang uns aber in Port Augusta nicht. Wir nahmen ihn also bis nach Adelaide leer mit.

Hier in Adelaide nehmen wir uns gerade eine laengere Auszeit, um etwas abzuspannen. Der Weg hierher war sehr anspruchsvoll. Wir suchten uns Nebenstrecken, um den Verkehr zu vermeiden. Landschaftlich ist es das voellige Gegenteil vom Outback. Wir sind mitten in einer Huegellandschaft, wie man es von den Mittelgebirgen in Deutschland kennt. Oft fuehlten wir uns nicht wie in Australien, sondern viel mehr in Deutschland. Hier ist Fruehling, alles blueht, die Kulturlandschaft praegt das Bild, wo nun viele Rapsfelder  bluehen, die Baeume spriesen aus, Die Obstbluete ist in vollem Gange. Es war einfach herrlich. Diese Abwechslung tat so unglaublich gut. Morgens wachen wir mit Vogelgezwitscher auf, und wer haette das gedacht, unsere heimische Amsel wurde hier eingefuehrt. Sie weckt uns nun am Morgen. Es ist einfach unglaublich europaeisch, unglaublich deutsch, was noch durch die deutschen Ortsnamen, wie Hahndorf bestaerkt wird. Im Umland von Adelaide gab es einen straken deutschen Einfluss. Wir fuhren durch 2 Weinanbaugebiete (Clare Valley und Barossa Valley) und schlaengelten uns durch die Adelaide Hills, bevor wir die Stadt erreichten. Das alles leider bei regnerischen 10 bis 15 Grad. Davon erholen wir uns nun und wohnen in einer Studentenbude. Yasmin und Sabrina sind deutsche Austauschstudenten, die wir in Katherine kennengelernt haben. Sie luden uns ein, sie hier in Adelaide zu besuchen. Gesagt, getan! Sie haben gerade Semesterpause und sind unterwegs. Wir wohnen also in ihrem Zimmer und leisten ihrem Mitbewohner aus dem Libanon gesellschaft. Es ist genial! Wieder haben wir es gut getroffen. Und mit ein bisschen Glueck, verkaufen wir vielleicht heute unseren Fahrradanhaenger.

In den naechsten Tagen geht es weiter Richtung Melbourne. Wir freuen uns auf weitere Kulturlandschaft, das Meer, die Great Ocean Road und viele ruhige Landstrassen. 

 

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