Nun arbeiten wir schon ueber einen Monat. Die Zeit vergeht mal wieder unglaublich schnell. Nach einem Jahr Radeln, haben wir es ungalublich gut geschafft, uns in einen Arbeitsalltag hineinzufinden. Wir haben auch noch keinen Morgen verschlafen. Wer haette das gedacht, oder wer hat daran ueberhaupt gezweifelt? Nein, wir sind immer puenktlich am Arbeitsplatz und nehmen diese auch ernst. So wie ich gehoert habe, werden deutsche auch gerne eingestellt, denn diese haben wohl eine gute Arbeitsmoral: ernsthaft, zuegig und gewissenhaft. Dass die Australier da durchaus eine andere Einstellung zu haben, durfte ich hautnah mit erleben: Samstags hat unser Fruehstueckskoch Vinko in der Regel seinen freien Tag. Vinko faengt immer schon eine halbe Stunde eher an, als ich. Denn das warme Bueffet braucht laengere Vorbereitungszeit, als mein kaltes Buffet mit Fruechten, Joghurt, Muesli, Toast etc. So ging ich eines Samstag Morgens zur Kueche und musste feststellen, dass die Tuer verriegelt war. Oh je, Vinko hat frei und seine Vertretung, ein junger Kerl, der wohl eher Party im Sinn hat, als morgens um 4.00 Fruehstueck zuzubereiten, ist nicht aufgetaucht. Ich hatte gesehen, dass in der Huette einer Koechin Licht brannte. Also bin ich zu ihr: In ihrer Huette sassen sie zu dritt und waren alle gut betrunken. Aber das war nun egal, Angela musste ran. Kat, die Managerin war ebenfalls dort und nun brach erst einmal die Hysterie aus. Ich schnappte mir den Schluessel und fing an, meine Sachen vorzubereiten. Eine viertel Stunde spaeter schaffte es Angela auch in die Kueche und bereitete in windeseile alles her. Natuerlich konnten wir es nicht mehr rechtzeitig schaffen, aber am Ende war alles gut. Der Alkohol hat sie es schlimmer sehen lassen, als es war. Es wurde ein riesiges Drama draus gemacht, man entschuldigte sich bei den fruehen Gaesten, die aber eigentlich nichts gemerkt haetten, haette man sie nicht drauf aufmerksam gemacht, dass noch nicht alles fertig war. Diskretion im alkoholisierten Zustand geht leider nicht. Aber definitiv waren es aufregende und stressige Minuten, doch ich konnte schnell drueber lachen. Die Konsequenz fuer den jungen Spunt ist nun, dass er nicht mehr in der Kueche eingeteilt wird. Aber das ist ihm wohl auch lieber so. Im Allgemeinen ist hier eine hohe Fluktuationsrate, was die Angestellten angeht. Neben den auslaendischen Work-andTravel-Leuten, gehen hier die Australier selbt rein und raus. Ich habe nun schon drei Situationen erlebt, in denen Angestellte von jetzt auf gleich kuendigen. Und das, weil es einmal einen Streit mit Kollegen gibt, was nicht mal etwas mit der Arbeit zu tun hat. Hier gibt es keine Konfliktbewaeltigung oder Aussprache, hier wirft man gleich die Flinte ins Korn. Man schmeisst ehr den Job, als sich mit Problemen auseinanderzusetzten. Das ist jedes Mal wieder unfassbar fuer mich. Auch Vinko kann nur den Kopf darueber schuetteln. Er kommt urspruenglich aus Kroatien und tickt auch anders als die Aussies, wenn er auch schon 35 Jahre hier lebt. Ich habe neben meinem Fruehsteucksdienst nun noch Arbeit im Housekeeping bekommen. Ich sammel nun so richtig Stunden. Das ist schon genial, aber doch auch anstrengend. Ich bin da etwas zwiegespalten. Ich freue mich ueber jede Stunde mehr Arbeit, denn deshalb sind wir ja hier. Schliesslich traeumen wir noch von so einigen Laendern der Welt. Und es macht mir auch echt Spass, wenn es auch nichts mit meiner Ausbildung im entferntesten zu tun hat. Und dennoch bleibt nicht viel vom Tag ueber. Ich habe das Beduerfnis, auch Zeit fuer mich zu haben, zum Lesen, Recherchieren usw. Diese Zeit finde ich aber nur selten. Nun schuettelt der eine oder andere vielleicht mit dem Kopf und denkt: "Mein Gott, sie ist ein Jahr durch die Welt geradelt, hatte doch Zeit fuer sich, zum Lesen am Abend und so weiter. Nun arbeitet sie mal einen Monat und dann ist das schon zu viel." Dahingehend moechte ich euch aufklaeren. Wer glaubt, beim Radlen durch die Welt, Zeit fuer sich zu haben und gewisse Bedurfnisse befriedigen zu koennen, liegt nicht ganz richtig. Ich habe festgestellt, dass ich anfange, immer zu schieben. Das heisst, waehrend dem Studium dachte ich, wenn ich erst mal auf dem Rad sitzte, dann habe ich Zeit fuer.... Als ich dann auf dem Rad sass, habe ich festgestellt, dass ich damit beschaeftigt bin, alles um mich herum wahrzunehmen, dass es viel darum geht, seine Grundbeduerfnisse zu decken, wie: wo schlafe ich, was esse ich. Der Kontakt mit den Menschen war sehr intensiv, so dass ruhige Abende im Zelt, nicht die Regel waren und war man zeitig im Zelt, vielen die Augen schon schnell zu, bevor man auch eine Seite geschafft hatte zu lesen. Als es auf Australien zu ging und klar wurde, wir werden arbeiten und irgnedwo etwas stationaer sein, habe ich alles dahin geschoben. Dann werde ich Zeit haben fuer.... Tja, und nun arbeite ich teilweise 10 Stunden. Da bleibt auch nicht viel. Also, was lerne ich nun daraus? Es bringt nichts, seine Beduerfnisse fuer eine bestimmte Zeit aufzuschieben. Denn glaubt man, diese Zeit irgendwann zu bekommen, wird man wohl feststellen muessen, dass dies eine Illusion ist. Man muss sie sich im Hier und Jetzt nehmen. Seinen Alltag so gestalten, dass man Zeit fuer sich und seine Beduerfnisse hat. Am Ende des Lebens rechnet dir keiner vor, wie viele Stunden du gearbeitet hast um dir eine Be,lohnung zu geben. Und alles Geld, was du verdient hast, und nicht ausgegeben hast, kannst du auch nicht mitnehmen. Materielles spielt am Ende keine Rolle, sondern nur, deine Zufriedenheit ueber dich und dein Leben und liebe Menschen, zu denen du eine Beziehung aufgebaut hast. Nicht Geld, Wohlstand und Karrire bleiben, sondern "Glaube, Hoffnung, Liebe, diese drei; aber die Liebe ist die Groesste unter ihnen."(1. Korinther 13,13) |
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